Wenn die Wut kommtVor einiger Zeit erzählte mir eine fastenkundige Mentorin, man würde
jedes Mal anders fasten und manche Beschwerden lösten sich überhaupt
nur, wenn man das mehrfach und immer mal wieder tut. Meine Frage war,
warum sich bei mir eigentlich überhaupt kein Fastenhoch einstellte,
weder beim ersten noch beim zweiten Fasten. Das kann der Körper offenbar
auch noch nicht, so lange er sehr belastet ist. Ich stellte mir - wie
so oft - die berühmte Zwiebel vor; Schicht für Schicht wird alter
Schnodder aus den Halden geschaft, besonders aus der Leber und aus den
Fettdepots. Denn dort wird Schnodder ganz besonders gern gespeichert.
Wer es lieber dramatisch mag, nennt das Gifte. Und mir wird immer
klarer, warum die schlauen Leute 2 mal im Jahr fasten, und zwar ganz
regelmäßig.
Dass ich diesmal so extrem hellhörig, hellfühlig und überaus empfindlich auf meine Umwelt reagiere, hatte ich, glaube ich, an einem anderen Tag schon erwähnt. Nun kommt seit gestern eine unübersichtlich große Menge an Wut wellenartig über mein Gemüt gerollt, und ich kann gar nicht so oft aufs Trampolin, wie ich Menschen verprügeln möchte. Wenn ich genau hineinfühle, will ich das auch gar nicht, weil mein hellwacher Verstand mir sofort zu erzählen beginnt, dass mir "Leute" eigentlich völlig egal sind. Was haben Leute schon mit mir zu tun? Das Gefühl des "falschen Planeten" macht sich ganztägig breit. Von mir aus bin ICH auch falsch. Von mir aus. Aber wo kommt denn nur diese unsägliche Wut her?
Der nicht benötigte Raum für Verdauung und Verteilung von Nährstoffen macht Platz für emotionale Achterbahnfahrten. Und schon kann ich mir die Folgen theoretisch verstandener Bindungs- und Entwicklungstraumata in der Praxis in den eigenen vier Wänden anschauen. Da fällt mir die Aussage des Traumatherapeuten Gopal Norbert Klein ein: "Wir müssen uns endlich ehrlich mitteilen, wie groß die Not in uns ist." Nur dann kann dieser ganze Kampf aufhören. Und damit auch alle Kriege. (Denke ich.)
Buch:
Der Vagus - Schlüssel zur Traumaheilung von Gopal Norbert Klein,
Buch:
Die Polyvagaltheorie und die Suche nach Sicherheit: Traumabehandlung, Soziales Engagement und Bindung
von Stephen W. Porges Meine Tiere bedienen sich ihrer unglaubliche Gabe, genau die Emotion aus mir herauszuholen, die gerade dran ist. Und das tun sie mit so großer Präzision und völliger Selbstlosigkeit, dass ich darüber staunen muss. Sie tun einfach nur Dinge, die sie sonst nie tun - und die mich auf jeden Fall wütend werden lassen. Das ist echte Hilfe am Nächsten. Der Schnodder muss ja schließlich raus!
Interessanterweise steht an erster Stelle der therapeutischen Begleiter meine sensibelste Hündin. Eine, die bei jedem lauten Wort normalerweise den Kopf und ihren halben Körper absenkt und den "wenn du jetzt schimpfst, falle ich tot um - Blick" aufzusetzt. Was muss sie das kosten, mich so zu reizen!? Und ehrfürchtig bemerke ich wieder, WIE nah sie mir ist. Immer. Jeden einzelnen Tag, seit sie bei mir ist. Und nein, ich verprügel sie natürlich nicht! Als ich
mir vorhin allerdings dabei zuhörte, wie ich vor mich hin keifend und die wildesten Ausdrücke benutzend durchs stampfte und mich in den Garten flüchten musste, um tief durchzuatmen und mich zu beruhigen, wurde mir klar, dass ich so nicht auch noch weiterarbeiten kann. Bzw. nicht mit Patienten arbeiten und gleichzeitig fasten. Dieses Mal jedenfalls nicht. Beim letzten Fasten hatte ich eine Woche Urlaub, zumindest die "kritischen" Tage hatte ich nur für mich und die vierbeinigen "Kinder" Verantwortung. Und ich hatte nicht ansatzweise solche Wut.
Also werde ich nun Fastenbrechen. 5 Tage Fasten ist besser als gar nicht.